Warum Straffälligenhilfe?

Wer an Straffälligkeit denkt, assoziiert zuerst Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte sowie das staatliche Sanktionssystem vor allem in Form der Justizvollzugsanstalten. Wer straffällig geworden ist, wird eher als schuldig betrachtet, weniger als hilfebedürftig.

Empirisch-wissenschaftliche Untersuchungen sowie die Erfahrung der in der Straffälligenhilfe Tätigen zeigen aber ein anderes Bild. Auch wenn die Kausalzusammenhänge nicht direkt verlaufen, finden sich unter den straffällig gewordenen Menschen in den Haftanstalten in großer Mehrzahl Lebensläufe, die von vielfältigen Problemlagen geprägt sind:

  • Armut und geringe berufliche Qualifikationen, dadurch berufliche Perspektivlosigkeit und Überschuldung
  • Traumatisierende Erfahrungen in Kindheit und Jugend; instabile Familiensituationen
  • Wohnungslosigkeit
  • Psychische Erkrankungen
  • Sucht

Im Fall einer Inhaftierung verschärfen sich die persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme für den verurteilten Straftäter zusätzlich. Nach (Teil-)Verbüßung einer Freiheitsstrafe oder zu deren Abwendung, setzt der Staat zur Unterstützung bei der Wiedereingliederung wie zur Überwachung der Legalbewährung die Bewährungshilfe ein. Jedem Straffälligen steht zudem, wie anderen Hilfesuchenden auch, die sogenannte Regelversorgung offen, mit den Angeboten der Arbeitsverwaltung (Sozialgesetzbuch II und III), der Wohnraumversorgung (SGB XII), der Erziehungs- und Familienhilfe etc.

Doch diese Hilfsangebote des Regelsystems sind für straffällig gewordene Menschen aus verschiedenen Gründen nicht ausreichend, weil deren besondere Situation und ihr ganz spezieller Hilfebedarf damit nicht ausreichend berücksichtigt werden. Insoweit ist auf Folgendes hinzuweisen:

  • Straffällige, und besonders Haftentlassene sind stärker als andere Problemgruppen von gesellschaftlicher Ausgrenzung betroffen.
  • Die „Bruchstelle“ der Haftentlassung zeitigt einen ganz enormen Integrationsbedarf um das sog. Entlassungsloch zu vermeiden. Die meisten Entlassenen werden innerhalb der ersten sechs Monate rückfällig.
  • Familienangehörige von Straffälligen leiden in besonderem Maß unter der Straffälligkeit mit; sie sind durchaus als Kriminalitätsopfer einzustufen.
  • Es existiert die besondere Beziehung zum Opfer der eigenen Straftat, die in Einzelfällen mit Gewinn für alle Beteiligten aufzuarbeiten ist.
  • Die Straffälligenhilfe sieht sich in der Mehrzahl der Fälle mit einer Problembündelung konfrontiert, die bewältigt werden muss, wenn die gesellschaftliche Eingliederung auf Dauer gelingen soll.

Dieser speziellen Problemstellung widmet sich die Straffälligenhilfe als eigenständige Disziplin zur Hilfe in besonderen Lebenslagen.

Sie hilft damit nicht nur den Betroffenen und ihren Angehörigen, sondern dient auch der Gesellschaft. Denn eine gelungene Resozialisierung des Einzelnen ist der beste Schutz für die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten.

Aus der Erkenntnis heraus, dass Hilfestellung mit dem Ziel künftiger Rückfallvermeidung besonderer Anstrengungen bedarf, wurde vor gut 60 Jahren der Hamburger Fürsorgeverein gegründet.

Ein Stamm aus zeitweise um die 1.500 Mitgliedern, zu einem großen Teil aus dem Kreis der Hamburger Justiz, zeigte den hohen Grad gesellschaftlicher Einbindung. Die Phase allgemeiner Entsolidarisierung ist jedoch auch am Fürsorgeverein nicht folgenlos vorübergegangen. Zentrale Aufgabe ist es deswegen, den Verein durch neue Mitglieder zu stärken.

Der Verein ist politisch und konfessionell unabhängig, er bezieht keine öffentlichen Mittel.

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